Frühlingsblumen und Göttergold
- Die Landesgartenschau in Böblingen 1996
In dieser Ausgabe des „EinBlicks in die Stadtgeschichte“ beschäftigt sich Stadtarchivar Dr. Christoph Florian mit der Landesgartenschau 1996. Vor 20 Jahren war Böblingen Ort einer spektakulären Veranstaltung. Es richtete die 14. baden-württembergische Landesgartenschau aus. Von der Eröffnung am 26. April 1996 bis zum großen Abschlussfest am 6. Oktober 1996 wurden eine mannigfaltige Blumen- und Pflanzenpracht sowie eine unübersehbare Anzahl von Veranstaltungen den Besuchern geboten.
Als „Motor der städtebaulichen Entwicklung“ sollte die Landesgartenschau nach Böblingen geholt werden. Schon 1978 hatte sich die Stadt zusammen mit Sindelfingen für eine Landesgartenschau beworben, jedoch vergeblich. Als Böblingen im Sommer 1989 dann den Zuschlag bekam, hatte Böblingen sein angestrebtes Ziel erreicht.
Das Gelände der Schau erstreckte sich von den Murkenbachauen über das Baumoval und die beiden Böblinger Seen bis zum Elbenplatz. Auch die Bahnhofstraße präsentierte sich ansehnlich als Stadteingang.
Vom Bahnhof zum Bauhof
Unter dem neuen Oberbürgermeister Alexander Vogelgsang machte man sich Ende der 1980er Jahren in der Stadt Gedanken, wie die Murkenbachaue und die Seen in ein gesamtstädtisches Planungskonzept eingebunden werden konnten. Deshalb veranstaltete die Stadt Böblingen einen städtebaulichen Ideenwettbewerb unter dem Titel „Vom Bahnhof zum Bauhof“. Ein Wettbewerbsziel war die Anlage eines Parks, Stadtgarten genannt, in diesem Areal. Das Planungsgebiet umfasste 210.000 Quadratmeter.
Bei den darauf folgenden Arbeiten zum Stadtgarten wurden 54.000 Quadratmeter versiegelter Boden in Grünzonen umgewandelt, die beiden Seen durch eine Wasserrampe mit 16 offenen Wasserstufen miteinander verbunden, die 152 m lange Wandelhalle als „räumliches Ende“ des Oberen Sees und das Baumoval als Festplatz, Sport- und Liegewiese geschaffen. Das Ergebnis war gelungen. Der Stadtgarten wurde dann auch wegen seiner einmaligen Architektur 1995 mit dem Deutschen Architekturpreis ausgezeichnet.
Für die Planung und Durchführung der Gartenschau war als eine städtische Tochtergesellschaft die „Landesgartenschau Böblingen 1996 GmbH“ gegründet worden. Geplant wurde die Schau von „Wolfrum & Janson“ (Architektur und Stadtplanung) und „Schmelzer und Bezzenberger“ (Planungsgruppe Landschaftsarchitektur + Ökologie). Als Verantwortlicher für die unmittelbare Durchführung war Gartenschaudirektor Chasid Winograd Herz und Motor der Landesgartenschau. Das Motto lautete „Wunder Garten Phantasie“ und zum Wahrzeichen erkor man die rote Mohnblüte. Bis das Unternehmen realisiert werden konnte, mussten etliche Grundsatzdiskussionen geführt und finanzielle Hindernisse überwunden werden. Am 26. April 1996 war es dann so weit, in Anwesenheit von Ministerpräsident Erwin Teufel als Schirmherr wurde die Landesgartenschau in Böblingen offiziell eröffnet. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger brachten sich aktiv ein oder sicherten sich eine Dauerkarte für ein großartiges Gartenschaujahr.
Bizzare Wüstenbewohner
Blumen- und Pflanzenschauen waren das Kernstück der Gartenschau. Zur Eröffnung begrüßten 140.000 Frühlingsblumen die Gäste. Eine Ausstellungshalle beim Baumoval ermöglichte es, unabhängig von der Witterung immer wieder neue Blumen- und Pflanzenthemen zu präsentieren. Die Palette reichte vom „Feuerwerk der Blüten“ über „Fernöstliche Impressionen“ und „Bizzare[n] Wüstenbewohner[n]“ bis hin zum „“Herbstliche[n] Farbenspiel“ als Abschluss.
Im Außenbereich zeigten Themengärten unterschiedlichste Variationen. Die Farbgärten am Baumoval änderten im Verlauf der Zeit immer wieder ihr Aussehen und ihre Zusammensetzung. Das „Schwäbische Dorf“ spiegelte den regionalen Akzent wieder. So präsentierte dort der Naturschutzbund den Gartenliebhabern im Naturgarten z. B. eine „Trockenmauer für Insekten und sonnenhungrige Echsen“. Im Staudengarten wurden traditionelle Pflanzen des Bauerngartens wie Schwertlilien oder der königsblaue Rittersporn gezeigt. Ein Themengarten „Wald und Holz“ befasste sich auf über tausend Quadratmetern mit Feld, Wald und Wiese. Am Unteren See repräsentierten Rosengärten die Böblinger Partnerstädte Glenrothes, Pontoise und Alba.
Als erste ihrer Art setzte die Böblinger Landesgartenschau einen starken Akzent auf Veranstaltungen. Sage und schreibe 3.000 Veranstaltungen wurden durchgeführt, darunter viele von Böblinger Vereinen und Organisationen gestaltete. Es ist hier nahezu unmöglich einen bloßen Überblick über die zahlreichen Angebote zu geben. Allein die SDR-Showbühne war Ort zahlreicher Darbietungen von einer „Italienischen Nacht“ am 24. Mai, über das Umwelttheater „Umwelt aktiv“ am 10. und 11. Juli bis hin zu „Elastonautes schwereloses Ballett am Trapez“ am 31. August 1996. Für Kinder wiederum gab es Veranstaltungen mit Zaubertricks, Gipsguß, Hüpfburg, Seifenblasen- und Jonglierstation und vieles mehr.
Schätze aus dem Land der Inka
Ein Highlight und Besuchermagnet war die Ausstellung „Oro del Perú - Schätze aus dem Land der Inka“, welche wertvolle Objekte der Inkakultur und ihrer Vorgängerinnen zeigte. In der Aprilausgabe von BBAktuell hieß es dazu: „Und über allem liegt 164 Gartenschautage lang ein Abglanz des Göttergoldes aus Peru.“
Mit über eine Million Besucher verabschiedete sich die Landesgartenschau am 6. Oktober 1996 von Böblingen mit einem großen Abschlussfest. Die Schau hinterließ den Böblingern neben schönen Erinnerungen ein schönes Erbe, nämlich einen attraktiv gestalteten Stadtgarten als „Naherholungsgebiet mitten im Zentrum“. Zu den attraktiven Hinterlassenschaften gehört auch die Albabrücke, die einen Straßendamm mit dazugehörigem unterirdischen Kanal ersetzte und so ihre Passanten optisch näher an das Wasser brachte. Dazu zählen auch die Alte TÜV-Halle und das Bootshaus in ihrer heutigen Funktion als Veranstaltungsort des Böblinger "Sommer am Sees". In diesem lebt der Veranstaltungsreigen der Gartenschau jedes Jahr aufs Neue ein wenig auf.