Ozeanflieger Clarence Duncan Chamberlin in Böblingen am 15. Juni 1927

Nach dem ersten Weltkrieg durfte durch den Versailler Vertrag kein Motorflugzeug gebaut werden und starten. In den Ländern rund um Deutschland entwickelte sich der Flugbetrieb aber verstärkt weiter und immer mehr neue Flugzeugtypen mit immer leistungsfähigeren Motoren für die zivile und sportliche Luftfahrt wurden entwickelt. Neue Höhen-und Zeitrekorde wurden geflogen und Wettbewerbe mit hochdotierten Preisen ausgeschrieben.

Schon im Mai 1919 hatte der wohlhabende Hotelbesitzer Raymond Orteig, ein in Frankreich geborener Amerikaner, einen Preis über $25.000 für den ersten Nonstop-Flug zwischen New York und Paris, egal in welcher Richtung, ausgesetzt.

In den folgenden Jahren sind viele Piloten daran gescheitert, diesen Siegespreis zu erringen, sechs mußten dabei ihr Leben lassen. Im Jahre 1927 hatten sich wieder drei Piloten vorgenommen, den Direktflug zu wagen: Charles Lindbergh, Richard Evelyn Byrd und Clarence Duncan Chamberlin. Nachdem Byrd`s Flugzeug beim Einfliegen schwer beschädigt wurde, waren nur noch Lindbergh und Chamberlin im Rennen. Chamberlin und sein Copilot Wilson Bertraud waren rechtzeitig fertig, doch jetzt gab es Schwierigkeiten mit dem Eigner des Flugzeugs, Charles Albert Levine. Dieser machte den vorgesehenen Flug mit einer Wright-Bellanca „Columbia“ von seinem Mitflug abhängig. Dadurch verzögerte sich der Start, so daß Charles Lindbergh mit seiner Ryan „Spirit of St.Louis“ am 20.Mai 1927 der erste Alleinflug von New York nach Paris gelang. Dabei legte er die 3610 Meilen (5,808,5 km) in 33 Stunden und 32 Minuten zurück. Damit gewann Lindbergh das Orteig-Preisgeld und wurde damit zum bekanntesten Nordatlantik-Überquerer.

Am 4.Juni 1927 konnten nun endlich auch Chamberlin und Levine, der übrigens keine Flugerfahrung hatte, starten. Das Ziel in Deutschland, die Hauptstadt Berlin, hatte Chamberlin für sich festgelegt, ohne es der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Der Flug verlief zunächst ohne Komplikationen. Über Deutschland verschlechterte sich aber das Wetter, unzureichendes Kartenmaterial (damit mangelnde Orientierung) und ein wahrscheinlich leerer Tank nach 43 Stunden Flugzeit und 6.300 Kilometern zwangen sie am 05. Juni zu einer Landung bei Eisleben. Das Ziel Berlin wurde damit um 160 km verpaßt.

Am nächsten Morgen mußten sie beim Weiterflug auf Grund des schlechten Wetters unweit Cottbus beim Rittergut Klinge erneut zwischenlanden, wobei der Propeller brach. Nach einer Reparatur der Maschine konnte dann am 07. Juni endlich der letzte Teilflug nach Berlin stattfinden, wo ihnen auf dem Tempelhofer Feld von einer großen Menschenmenge ein begeisterter Empfang bereitet wurde. In Berlin wurden Sie zusammen mit dem amerikanischen Botschafter von Staatspräsident Hindenburg empfangen. Chamberlin hat zwar nicht das Orteig-Preisgeld erhalten, doch der Nonstopflug von Amerika nach Deutschland war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls eine Bestleistung in der Geschichte der Sportfliegerei.

Am Mittwochmorgen, den 15.Juni 1927 besuchten Chamberlin und Levine die Städte Karlsruhe, Baden-Baden und besichtigten schließlich in Friedrichshafen die Zeppelin- und Dornierwerke. Auf dem Rückflug nach Stuttgart wurden beide auf dem Landesflughafen Stuttgart-Böblingen von Ministerialrat Kälin (Stuttgart) sowie Oberamtmann Schlecht und dem Böblinger Stadtschultheiß Kraut empfangen. Dazu fanden sich über 30.000 Menschen ein. Auch die Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG) nahm die Gelegenheit wahr und berichtet in ihrer ersten offiziellen und aktuellen Reportage von diesem Ereignis.

In einem mit Blumen geschmückten Pkw wurden die beiden Ozeanflieger in Begleitung des amerikanischen US-Konsuls Kehl und des Ministerialrats Kälin in die Landeshauptstadt zum Empfang im Landtag und Rathaus chauffiert. In allen Straßen, die sie durchfuhren wurden sie jubelnd begrüßt. Nach der Vorführung des Ozeanflugfilmes im Ufapalast stellten sich beide dem Stuttgarter Publikum. Anschließend wurden ihnen die Sehenswürdigkeiten Stuttgarts gezeigt und die Daimler-Benz und Boschfabrik besichtigt. Noch am Abend flogen Chamberlin und Levine weiter zu einem Empfang in Frankfurt wo sie übernachteten, bevor sie am nächsten Tag zurück nach Berlin flogen.

Quellen: Wikipedia, BB-Bote, Chamberlin: Record Flight 1928, Funk: Garnison und Fliegerstadt 1974

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