Die Hulb: Vom steinzeitlichen Jagdplatz zum Standort internationaler Spitzentechnologie

Hier befasst sich Stadtarchivar Dr. Christoph Florian mit der Erfolgsgeschichte von Böblingens größtem Gewerbegebiet, der Hulb.

Der erstmals 1495 schriftlich nachweisbare Flurname lässt nicht auf ein wirtschaftlich nutzbares Gebiet schließen, denn er wird vom althochdeutschen Wort „huliwa“ bzw. dem mittelhochdeutschen „hülwe“ hergeleitet, die einen Sumpf oder eine Pfütze bezeichneten.

Dennoch ist die Hulb gewissermaßen das älteste Gewerbegebiet Böblingens

Einer der 1983 auf der Hulb
gefundenen Mammutzähne

Schon in der Steinzeit erarbeiteten hier Menschen ihren Lebensunterhalt. Im Jahr 1983 stieß man nämlich bei den Bauarbeiten zur Erweiterung des IBM-Werks auf Stoßzähne und Knochen eines Mammuts sowie Skelettreste von Fellnashorn und Wildpferd - vor etwa 14.000 bis 16.000 Jahren waren sie von eiszeitlichen Jägern erlegt und fachgerecht zerlegt worden. Die Jäger der Altsteinzeit hatten an der von Mammuts und anderen Tieren häufig besuchten Stelle einen Jagd- und Zerlegungsplatz.

Später wurde, wie das Böblinger Lagerbuch von 1587 zeigt, die Hulb auch landwirtschaftlich genutzt. Es gab Wiesen und sogar Äcker. So besaß damals die Witwe Catharina Schimel einen kleinen Acker, auf dem Dinkel und Hafer wuchsen. Sie musste vom Ertrag ein Volumen von 36 Liter Getreide als Abgabe entrichten. Während damals das zwischen Böblingen und Dagersheim geteilte Gelände wie heute auch als „Hulb“ bezeichnet wurde, erscheint auf den Karten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts auch der Namen „Hülbe“.

Die Niedermoorflächen der Hulb enthielten Torf

Bis zu drei Meter mächtig waren diese Schichten. Im Jahr 1832 wurde mit dem Abbau begonnen. Rund eine Million "Wasen" genannte Torfziegel baute man Mitte des 19. Jahrhunderts jährlich ab. Der Böblinger Torf diente zum einen als Heizmaterial und galt zugleich als ein vortreffliches Düngemittel für schwere Böden. 1850 gehörte das Torfvorkommen dem Chemieunternehmer Bonz und dem Stadtradt Schöck, später erwarb die Böblinger Zuckerfabrik das Torfgelände. Doch schon in den 1860er Jahren verlor der Torf als Brennmaterial an Bedeutung, weil die Steinkohle einen viel höheren Brennwert hatte. Es wurde damit eher ruhig auf der Hulb.

Ein Zeitsprung ins Jahr 1960: Die Erfolgsgeschichte beginnt

Angesichts des expandierenden Gewerbes in Böblingen gab es um 1960 Überlegungen, auf dem Böblinger Anteil der Hulb ein Gewerbegebiet zu errichten. Schon zuvor waren erste Schritte in diese Richtung unternommen worden, als die Stadt Böblingen 1956 mit dem Gutshof der Südzucker AG auch rund 50 Hektar Land im Bereich der Hulb erwarb. Das geplante Gewerbegebiet, zu dem neben dem Gebiet Hulb die Gewande Högen und Ried gehörten, sollte 36 Hektar umfassen. Im Jahr 1961 gab der Gemeinderat seine Zustimmung dazu und die Erfolgsgeschichte konnte beginnen. Die Vereinigung Böblingens mit Dagersheim gab dem Wachstum der Hulb einen zusätzlichen Anschub.

Das Gewerbegebiet ist für den Verkehr gut erschlossen, so existiert ein direkter Anschluss zur Autobahn A 81. Durch den am 5. Dezember 1992 eingeweihten gleichnamigen S-Bahnhof bekam das Gewerbegebiet den dringend benötigten Nahverkehrsanschluss.

Die Geschichte der Hulb verfügt aber auch über eine Facette, die nichts mit Arbeit und der Sorge für den Lebensunterhalt zu tun hat. Von 1958 bis 1972 hatte nämlich die Flugsportgruppe Hanns-Klemm auf der Hulb einen Landeplatz. Die dort veranstalteten Sportflugtage wurden zu einem regelrechten Zuschauermagnet für Böblinger und Gäste aus nah und fern.

Zeitsprung nach heute: Die Hulb ist ein breit aufgestelltes Gewerbegebiet

Das Gebiet wird durch Unternehmen des IT-Bereichs, die im Software-Zentrum Böblingen/Sindelfingen e.V. zusammengeschlossenen Firmen, Autozulieferer, Betriebe der Mess- und Regeltechnik und den Handel geprägt. Neben schwäbischen Mittelständlern wie der Böblinger Sanitärfirma Reisser sind zugleich Global Player wie die US-Technologieriesen HP (Hewlett-Packard) oder Agilent Technologies vertreten. Das ansässige Unternehmen Philips Medical ist sogar die Nummer zwei auf dem Weltmarkt für Medizintechnik.

Die im Gewerbegebiet angesiedelten Unternehmen, vorwiegend aus dem Bereich der Klein-und mittelständischen Betriebe, entwickelten Eigeninitiative. Etliche von ihnen schlossen sich 1995 in der Interessengemeinschaft Hulb zusammen und veranstalteten im gleichen Jahr eine Leistungsschau, die „Hulb Open“, die bis in die 2010er-Jahre jährlich i.d.R. im Frühjahr durchgeführt wurde.

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