Böblingens Schutzheilige – die Patrozinien der Böblinger Kirchen

Die Böblinger Stadtkirche heißt auch Dionysiuskirche. Da stellt sich einem die Frage, warum die Kirche so heißt, wer eigentlich dieser Dionysius war und ob es noch weitere Kirchen mit Patrozinien gab.

Die Gründe für die Namensgebung haben ihren Ursprung im Mittelalter. Damals benötigte eine Kirche oder Kapelle den Schutz eines Heiligen. Ein Heiliger ist nach der alten, landläufigen, christlichen Vorstellung eine gläubige Person, die Wunder gewirkt hat und dies auch noch nach ihrem Tod tun kann. Das Schutzverhältnis zwischen Heiligen und Kirche wird als Patrozinium bezeichnet. Eine Kirche, eine Kapelle oder vielleicht auch nur ein einzelner Altar wurden durch eine Weihehandlung Eigentum eines Heiligen und dessen Herrschaft unterstellt. Der Heilige wiederum, so die Glaubensvorstellung, gewährte im Gegenzug dem Gotteshaus Schutz. So geschah es auch mit der Vorgängerin der heutigen Stadtkirche, deren Wurzeln in die Zeit um das Jahr 1000 oder vielleicht sogar noch früher zurückreichen. Sie wurde dem heiligen Bischof Dionysius unterstellt. Leider ist – wie so oft im Mittelalter – nicht bekannt, wann dies geschah. War sie von Anfang an Dionysius geweiht oder wurde das Patrozinium später einmal gewechselt? Wir wissen es nicht. Erstmals sicher nachweisbar wird das Dionysius Patrozinium auf jeden Fall erst durch ein Siegelbildnis aus dem Jahr 1432.

Wer war eigentlich dieser Dionysius?

Der heilige Dionysisus auf dem
Schlussstein des Chors der Stadtkirche
(Foto: I. Helber, Balingen)

Der Legende nach wurde Dionysius um das Jahr 250 von Papst Fabianus zusammen mit sechs Bischöfen nach Gallien, das heutige Frankreich, gesandt, um dort für das Christentum zu missionieren. Um das Jahr 285 wurde er dann – mittlerweile Bischof von Paris – auf Befehl des römischen Statthalters zusammen mit seinen Gefährten Eleutherius und Rusticus hingerichtet. Einer späteren Legende nach wurde er enthauptet und trug seinen Kopf von der Hinrichtungsstätte bis zu einem selbstgewählten Begräbnisort. Der Berg, auf dem die Hinrichtung geschehen sein soll, wurde später Märtyrerberg, auf lateinisch „Mons martyrum“, genannt. Später wurde daraus Montmartre, der Ort wo das weltberühmte Amüsierviertel entstehen sollte. Über dem Grab des Dionysius entstand zunächst eine Kirche und dann das berühmte Kloster SaintDenis. Die Klosterkirche wurde später zur Krönungskirche der französischen Könige und ist heute gut erreichbar mit der Metro in einem Pariser Vorort gelegen. Der Heilige Dionysius schützte nicht nur die Böblinger Stadtkirche, sondern zahlreiche weitere Kirchen in Europa und gilt zudem als Nationalheiliger Frankreichs. Wegen seiner in der Legende berichteten Fähigkeit ohne Kopf zu laufen, galt er auch als Schutzpatron gegen Kopfschmerzen.

Seit dem 15. Jahrhundert gab es in Böblingen ein zweites Gotteshaus

Es handelt sich um die Kapelle, die möglicherweise für den zweiten im Bereich der heutigen Schafgasse angelegten Friedhof gestiftet wurde. Sie hatte einen ganz besonders guten Schutz durch Maria, der Mutter von Jesus. Mit der Einführung der Reformation in Württemberg und der damit verbundenen Abschaffung des Heiligenkults seit 1534 verloren die Patrozinien ihre Bedeutung für die Kirche. Jedoch wurde der Name auch noch zur Bezeichnung von Kirchenvermögen lange weiter benutzt und auch heute noch wird die Stadtkirche auf der Homepage der evangelischen Stadtkirchengemeinde als „St. Dionysius“ bezeichnet.

Doch es sollten wieder Schutzheilige nach Böblingen kommen

Die Kirche Sankt Klemens

Doch es sollten wieder Schutzheilige nach Böblingen kommen Als im 19. Jahrhundert die Zahl der katholischen Bewohner in Böblingen wieder zunahm, wurde für sie 1898 bis 1900 eine Kirche gebaut und dem heiligen Bonifatius geweiht. Der 754 oder 755 im heutigen niederländischen Westfriesland bei seiner Missionstätigkeit getötete Kirchenpatron war ein Angelsachse, also Engländer, der eigentlich Wynfreth hieß. Dennoch wurde im 19. Jahrhundert im Zuge der allgemeinen nationalen Begeisterung die Erinnerung an ihn von der katholischen Kirche in Deutschland besonders gefördert. Er wurde so auch im allgemeinen Bewusstsein zum „Apostel der Deutschen“. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde dann 1959 die neu errichtete Kirche in der Oststadt dem heiligen Klemens geweiht. Es handelt sich dabei um den 1820 verstorbenen und 1909 heilig gesprochenen, aus dem heutigen Tschechien stammenden Klemens Maria Hofbauer – mit bürgerlichem Namen Johannes Dvorcak, der auch Stadtpatron von Wien ist. Die Wahl dieses Patroziniums dürfte die Reverenz an die vielen katholischen Neubürger Böblingens gewesen sein, welche aus dem Raum der ehemaligen österreichischungarischen Donaumonarchie kamen. Die ehemalige Marienkapelle dient heute nur noch als Ort für Aufführungen. Durch die 1963 geweihte Kirche St. Marie Verkündigung an der Berliner Straße, welche mit ihrem Namen an die alte Marienkapelle anknüpft, kommt auch das alte Marienpatrozinium in Böblingen wieder zu Ehren.

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